Den zerstörerischen Entzündungen auf der Spur
HEIDELBERG (BIERMANN) – Entzündet sich eine verletzte Stelle im Rückenmark, so kann das den Heilungsprozess verhindern. Eingeleitet werden diese Entzündungen durch ein Signalmolekül mit dem Namen CD95L. Diese Erkenntnis ist auch für die Multiple Sklerose-Forschung wichtig: Ein Medikament, das CD95L blockiert, könnte eine vielversprechende Therapieoption sein.
Die Forschungsgruppe von Dr. Ana Martin-Villalba vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) beobachtete in Mäusen, deren Rückenmark an einer Stelle verletzt war, eine lang anhaltende Entzündungsreaktion in der Umgebung der Verletzung. Innerhalb der nächsten 24 Stunden wanderten sehr viele weiße Blutkörperchen zu der betroffenen Stelle. Die weißen Blutkörperchen gehörten zu einer bestimmten Art von Immunzellen, die eine Entzündung fördern. Angelockt wurden diese Immunzellen, laut den aktuellen Forschungsergebnissen, von dem Signalmolekül CD95L.
Für diese Erkenntnis spricht, dass die Immunzellen nicht mehr in das Rückenmark wanderten, als die Wissenschaftler das Signalmolekül CD95L durch einen bestimmten Wirkstoff ausschalteten. CD95L scheint also dafür zu sorgen, dass die Immunzellen aktiv werden, die Blutbahn verlassen und in das Rückenmark einwandern. Offenbar steigern die eingewanderten Immunzellen die gewebeschädliche Entzündungsreaktion.
„Wir gehen davon aus, dass CD95L auch im menschlichen Organismus schädliche Entzündungsreaktionen fördert“, erklärte Martin-Villalba. Eine Blutanalyse von Patienten mit Rückenmarksverletzungen zeigte, dass auch bei Menschen die CD95L-Konzentration innerhalb weniger Stunden nach dem Unfall anstieg.
Ein Wirkstoff gegen CD95L könnte vielleicht verhindern, dass die entzündungsfördernden Immunzellen in das kranke Gewebe einwandern und dort den Schaden vergrößern. Das wäre ein vielversprechender Therapieansatz bei schweren entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis oder Multiple Sklerose.
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum, 2. März 2010