Die unsichtbare Phase der MS
VANCOUVER (Biermann) – Bei neurodegenerativen Störungen wie der Multiplen Sklerose (MS) kann die Schädigung von Nervenzellen schon Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome einsetzen. Diese sogenannte Prodromalphase zu erkennen, ist Voraussetzung, um dem Verlust von Nervenzellen frühzeitig entgegenzusteuern. Kanadische Wissenschaftler haben nun versucht, die Prodromalphase der MS an der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zu identifizieren.
Dazu werteten sie die Krankenversicherungsdaten vier kanadischer Provinzen aus und verglichen die Daten zur Inanspruchnahme von Kliniken, Ärzten und Medikamenten von mehr als 14.000 Menschen mit MS in den fünf Jahren vor ihrer Diagnose mit den Daten einer vergleichbaren Gruppe aus der Allgemeinbevölkerung (n < 72.000). Dabei berücksichtigten sie Kontakte mit dem medizinischen System aus jeglichem Grund.
Und tatsächlich zeigte die Auswertung der Daten bei den MS-Betroffenen fünf bis ein Jahr, bevor die ersten Symptome der
Die Wissenschaftler folgern daraus, dass es – gemessen an der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen – tatsächlich eine messbare Prodromalphase der MS von etwa fünf Jahren gibt. Diese Ergebnisse hätten klinische und wissenschaftliche Relevanz, da daraus ein Zeitfenster abgeleitet werden könne, um die MS frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, schlussfolgern die Autoren.
Die National Multiple Sclerosis Society, die die Studie finanziell unterstützt hat, betonte, dass die Ergebnisse darauf hindeuteten, dass auch Studien zu den Faktoren, die MS triggern, in früheren Phasen stattfinden müssten. Zusätzlich könnten, aufbauend auf den Befunden der kanadischen Forscher, Symptome identifiziert werden, die bislang nicht mit der MS in Zusammenhang gebracht wurden.
Quelle: Lancet Neurology, 20 April 2017; dx.doi.org/10.1016/S1474-4422(17)30076-5