Epilepsiemedikament scheint vor den Folgen einer Sehnerventzündung zu schützen

WASHINGTON (Biermann) – Das Epilepsiemedikament Phenytoin scheint bei Menschen mit Multipler Sklerose das Sehvermögen zu schützen. Dies geht aus einer Studie hervor, die auf dem Jahreskongress der US-amerikanischen Gesellschaft für Neurologie vorgestellt wurde.
„Etwa die Hälfte aller MS-Betroffenen entwickelt irgendwann eine akute optische Neuritis, bei der sich der Sehnerv, die Verbindung von Auge und Gehirn, entzündet“, erklärte Dr. Raj Kapoor vom National Hospital for Neurology and Neurosurgery in London. „Dies kann zu plötzlicher vollständiger oder teilweiser Erblindung, verschleiertem Sehen und Schmerzen führen. Auch wenn sich die Sehschärfe wieder erholen kann, schädigt doch jede Attacke den Nerv und das Auge.“
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler 86 Personen mit Sehnerventzündung innerhalb von zwei Wochen nach der Diagnose entweder das Epilepsiemedikament Phenytoin oder ein Placebo verabreicht. Die Behandlung erstreckte sich über drei Monate. Zu Beginn der Studie sowie nach sechs Monaten bestimmten die Forscher bei allen Studienteilnehmern die Dicke der Retina (lichtempfindliche Nervenzellschicht im Auge) sowie deren Sehschärfe und Farbwahrnehmungsvermögen.
Dabei zeigte die Studiengruppe, die das Epilepsiemedikament erhalten hatte, im Durchschnitt 30 Prozent weniger Schäden an der Retina als die Placebogruppe. Das Volumen der Makula, dem lichtempfindlichsten Teil der Netzhaut, war in der Phenytoin-Gruppe 34 Prozent höher als in der Placebogruppe.
„Sehen zu können ist für so viele Bereiche des Lebens ungemein wichtig“, sagte Kapoor. Sollten sich die Ergebnisse der Studie in größeren klinischen Tests bestätigen, könnte daraus eine Behandlungsmöglichkeit entstehen, um Nervenschäden und Erblindung bei MS zu verhindern, sind die Forscher optimistisch.