Kaiserschnitt bei MS: Häufig, aber nicht zwingend notwendig

Und auch für die Hypothese, dass die Babys von Müttern mit MS kleiner und leichter sind als Kinder von Müttern ohne MS, gibt es bislang keine eindeutigen Belege. Ein italienisches Forscherteam hat nun die Frage beleuchtet, ob Frauen mit MS möglicherweise häufiger einen Kaiserschnitt benötigen und ob dies Auswirkungen auf die Gesundheit von Mutter und Kind hat.
Dazu befragten Laura De Giglio vom San Filippo Neri Hospital in Rom, Italien, 157 Frauen mit MS (mittleres Alter 33 ± 5,8 Jahre) nachträglich zum Verlauf ihrer Schwangerschaft, Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, der Entbindungsform und zum Gewicht des Kindes. Als Vergleich dienten Angaben von 250 Frauen ohne MS (mittleres Alter 30 ± 5,8 Jahre).
Dabei zeigte sich, dass Frauen mit MS etwa eine Woche früher entbanden als Frauen ohne MS (38,4 ± 1,7 vs. 39,3 ± 1,3 Schwangerschaftswochen) und die Kinder leichter waren (3092 ± 519 g vs. 3290 ± 446 g). Bei 76 Frauen wurde die MS-Diagnose vor der Schwangerschaft gestellt (MSpre), 81 erhielten die Diagnose nach der Schwangerschaft (MSpost), elf von ihnen hatten vor der Schwangerschaft ein neurologisches Symptom erlebt.
Im Vergleich zur Kontrollgruppe entbanden Frauen mit MS-Diagnose vor der Schwangerschaft, nicht aber Frauen, die die Diagnose erst nach der Schwangerschaft erhalten hatten, seltener natürlich (39,3 % vs. 66%) und häufiger mithilfe eines geplanten (32,7 % vs. 22,4 %) beziehungsweise per Notfallkaiserschnitt (24,5 % vs. 9,2 %, p<0,001). Das durchschnittliche Geburtsgewicht der Kinder war sowohl bei früher als auch bei später Diagnose niedriger als in der Kontrollgruppe.
„Unsere Beobachtung, dass Frauen mit der Diagnose MS häufiger per Kaiserschnitt entbinden – geplant oder als Notfall – lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass dies vom behandelnden Gynäkologen von vornherein so entschieden wurde“, erklärten die Forscher.
Allerdings könnten auch MS-spezifische Symptome wie neuromuskuläre Schwäche, Spastizität, Müdigkeit und Erschöpfung wichtige Faktoren für die Entscheidung zum Kaiserschnitt in der späten Phase der Wehen sein, so die Autoren. Entsprechende Daten lagen in der Studie allerdings nicht vor. Die hohe Rate geplanter Kaiserschnitte deute jedoch darauf hin, dass Gynäkologen die MS als höheres Risiko für Mutter und Kind erachteten als die Risiken im Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff, erklärten die Forscher.
Dabei seien die erhöhten Risiken für Mütter und die Einflüsse auf die Physiologie von Neugeborenen durch Kaiserschnitt bekannt. Im Gegenzug könnten die Vorteile des Kaiserschnitts wie selteneres Auftreten von Inkontinenz und urogenitalem Prolaps ein Aspekt sein, der bei MS mit schweren Blasensymptomen in Betracht gezogen werden sollte, resümieren Laura De Giglio und Kollegen.
Insgesamt plädieren die Autoren für eine engere Kommunikation zwischen Neurologen und Gynäkologen, um die Betreuung von werdenden Müttern mit MS zu verbessern und eine individuelle Entscheidung für oder gegen einen Kaiserschnitt zu ermöglichen.