Multiple Sklerose: Pflanzenpeptid könnte Ausbruch verhindern

WIEN (Biermann) – Durch Verabreichung eines speziellen synthetischen Pflanzenpeptids (Zyklotid) haben Wissenschaftler der Medizinischen Universität Wien gemeinsam mit Kollegen aus Australien, Deutschland und Schweden die Entwicklung klinischer Anzeichen einer Multiplen Sklerose (MS) im Tiermodell erheblich reduzieren können.
„Die einmalige orale Gabe des Wirkstoffs hat die Symptome sehr stark verbessert. Es kam zu keinen Schüben der Erkrankung. Das könnte den Verlauf der Erkrankung generell deutlich verlangsamen“, erklärte Christian Gruber, Forschungsgruppenleiter am Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien. Die Wissenschaftler hoffen nun, die MS mit Zyklotiden bereits in einer sehr frühen Phase stoppen oder ihre Entwicklung zumindest stark verlangsamen zu können. „Sobald funktionelle neurologische Defizite auftreten und in der Magnetresonanztomographie erste Veränderungen im Zentralnervensystem sichtbar sind, könnte man das Medikament zur Basistherapie verabreichen. In einem Tiermodell für MS wurde das Auftreten von Symptomen durch die orale Verabreichung von Zyklotiden erheblich reduziert. Es könnte also sein, dass sich die Zeitspanne zwischen den Schüben verlängert oder möglicherweise ein Ausbruch der MS verhindert werden kann“, fassten Gruber und sein Kollege Gernot Schabbauer das zentrale Ergebnis der Studie zusammen.
Der Wirkmechanismus der Zyklotide wurde vor drei Jahren ebenfalls von den Wissenschaftlern an der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit Forschern des Universitätsklinikums Freiburg entdeckt: Sie unterdrücken den Botenstoff Interleukin-2 und damit die Zellteilung der T-Zellen, die bei der Reaktion des menschlichen Immunsystems als „Killer“- oder „Helfer“-Zellen wirken. Zyklotide könnten daher möglicherweise auch bei anderen Autoimmunstörungen eingesetzt werden.
Zyklotide sind Pflanzenstoffe (makrozyklische Peptide), die aus allen bedeutenden Pflanzenfamilien (z.B. Kaffeegewächse, Kürbisgewächse, aber auch Gräser und Nachtschattengewächse) isoliert werden können und daher eine vielseitige und große Gruppe von Naturstoffen darstellen. Das daraus gewonnene Medikament kann oral eingenommen werden. Eine klinische Studie der Phase I könnte nach Ansicht der Forscher Ende 2018 starten.