Schützt ein Magenbakterium Frauen vor MS?

PERTH (Biermann) – Die Infektion mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori scheint – zumindest bei Frauen – das Risiko für Multiple Sklerose zu verringern. Dies geht aus einer aktuellen Studie im Journal of Neurology Neurosurgery & Psychiatry hervor.
Sollte sich dieser Zusammenhang in weiteren Studien bestätigen, stütze dies die Hygiene-Hypothese, wonach Infektionen im Kindesalter vor der Entstehung von Autoimmunstörungen und Allergien im Erwachsenenalter schützen, schreiben die Autoren.
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler bei 550 Probanden mit bestätigter MS und 299 Kontrollpersonen den Antikörpertiter gegen das Magenbakterium bestimmt. In der Regel erfolgt die Infektion mit H. pylori vor dem zweiten Lebensjahr und besteht, sofern sie nicht behandelt wird, lebenslang. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung ist infiziert, wobei die meisten Infektionen in den Entwicklungsländern bestehen, wo die Hygienestandards niedriger und die Zahl der Antibiotikaverschreibungen tendenziell geringer ist als in den Industriestaaten.
Die Auswertung der Blutproben ergab, dass die Zahl der Infektionen mit H. pylori in der MS-Gruppe signifikant niedriger war als in der Kontrollgruppe. Dies galt allerdings nur für die Frauen – bei ihnen war die Infektionsrate rund 30 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe.
Nach Berücksichtigung von Störparametern wie Alter bei MS-Diagnose, Geburtsjahr und Krankheitsdauer war die MS bei Studienteilnehmerinnen, die positiv auf die Infektion getestet wurden, schwächer ausgeprägt als bei antikörpernegativen Probandinnen.
Bei männlichen Studienteilnehmern beobachteten die Forscher einen genau entgegengesetzten Zusammenhang. Hier war die MS bei H. pylori-positiven Teilnehmern stärker ausgeprägt als bei antikörpernegativen Betroffenen.
Zwischen dem Vorliegen einer Infektion und der Schubrate fanden die Wissenschaftler keinen Zusammenhang.
Eine einleuchtende Erklärung für die geschlechtsspezifischen Unterschiede könnten sie nicht geben, erklärten die Forscher.
Die niedrigeren Behinderungswerte bei H. pylori-positiven MS-Betroffenen sprächen für eine protektive Wirkung durch die Infektion, betonte Prof. Junichi Kira vom Neurologischen Institut der Kyushu-Universität in Fukuoka, Japan, in einem begleitenden Editorial. Die inverse Korrelation zwischen MS und H. pylori-Infektionen unterstütze die Hygiene-Hypothese.