Singen ist eine Massage für Körper und Seele

Wir haben mit Meurs über Musik, das Leben und seine MS gesprochen.
Herr Meurs, um was geht es in Ihrem MS-Lied?
In dem Lied geht es letztendlich darum, wie ich die Diagnose erlebt habe, und um einen Teil meines Prozesses, den ich danach durchlaufen habe. In den ersten beiden Strophen weiß man noch gar nicht, worum es eigentlich geht. Der Text hört sich nach einer Beziehung an, und so erlebe ich das auch. Im Grunde genommen ist es eine unwiderrufliche Beziehung mit sehr vielen Konflikten. Ich kann nicht davor weglaufen. Sie ist wie der eigene Schatten, er ist immer schneller als man selbst. Du kannst nicht vor ihm fliehen. Allerdings: Wenn du stehenbleibst und dir deinen Schatten anschaust, dann kann er zur Ruhe kommen. Das ist der Tenor des Liedes.
Spielt Musik eine große Rolle in Ihrem Leben?
Ja, sie spielt eine sehr große Rolle. Wenn Sie mich fragen: „Was bedeutet Ihnen die Musik?“, kann ich nur antworten: „Alles!“ Sie macht mir ungeheuer Freude und ich singe auch häufig mit anderen zusammen.
Seit wann machen Sie selbst Musik?
Mit 18 habe ich angefangen, mir selbst Gitarre beizubringen. Da hatte ich eine Phase, in der ich unglücklich verliebt war und gemerkt habe, dass mir das Spielen guttut. So richtig angefangen, der Musik einen Wert beizumessen, habe ich dann circa ein Jahr nach dem Ausbruch der MS. Ich konnte mich nach einem sehr harten Jahr wieder richtig bewegen, koordinieren. Da wurde mir bewusst, wie gut es tut, wenn ich meinem inneren Erleben Ausdruck verleihen kann. Dafür gibt es viele Wege: Die einen malen, die anderen schreiben und für mich ist es die Musik, der Klang, das Singen.
Kann man sagen, dass Sie in der Musik ein Ventil gefunden haben, um Ihre Erfahrungen mit der MS zu verarbeiten?
Ich glaube, die MS kann man nicht isoliert betrachten. Ich finde über die Musik einfach eine Form, besser mit mir umzugehen, mich ernster zu nehmen. Außerdem tut sie gut. Wir bestehen aus Abermilliarden Zellen und beim Singen bewegt sich jede einzelne davon. Singen ist also eine Massage für Körper und Seele.
Was inspiriert Sie zu einem neuen Lied?
Bei mir ist es eigentlich immer so: In mir ist ein Gefühl. Das kriege ich gedanklich aber nicht so genau gefasst und dann passiert es, dass ich – weil ich oft die Gitarre in der Hand habe und singe – plötzlich einfach Melodien im Kopf habe oder spiele. Ich finde die Melodie total schön und überlege, welcher Text passt. Meistens habe ich keine Ahnung, nur dieses Grundgefühl. Dann dauert es manchmal Wochen oder Monate, bis mir deutlich wird, welches Thema die Melodie eigentlich hat. Die Melodie ist immer zuerst da und dann kommt der passende Text dazu.
Wie würden Sie Ihre Musik beschreiben?
Ich finde Vergleiche immer schwierig. Ich hörte früher gerne – übrigens heute auch heute noch – die deutschen Liedermacher: Klaus Hoffmann oder natürlich Reinhard Mey – in dieser Tradition sehe ich mich ein bisschen. Deutsch ist meine Muttersprache und hier kann ich mich am besten ausdrücken.
Sie arbeiten gerade an einem eigenen Album. Können Sie uns hierzu etwas mehr erzählen?
Ich habe bereits eine CD mit 19 Liedern, aber die habe ich damals ganz schnell aufgenommen. Irgendwann habe ich mir überlegt, dass ich den Liedern gerne einen richtigen Wert beimessen, sie professionell aufnehmen und andere Menschen an ihnen beteiligen möchte. Zum Beispiel eine liebe Freundin von mir, die eine tolle Stimme hat, oder eine zweite Gitarre. Sodass meine Lieder breiter werden. Jeder, der dazukommt, hat einen kreativen Raum, verbindet etwas anderes mit den Texten und bringt sich auf seine Art ein. Dadurch entsteht etwas viel Größeres. Das ist für mich wunderschön und auch ein wichtiger Prozess. Zu wissen, es gibt Leute, die die Lieder mögen und sich freuen, mitzuwirken.
Am 13.10.2017 veröffentlichte Norbert Meurs seine erste professionell aufgenommene CD „Hand in Hand“. Weitere Informationen erhalten Sie auf seiner Website www.norbert-meurs.de. Das MS-Lied finden Sie hier.