Videospiele verbessern die geistige Leistungsfähigkeit bei MS

Übungen an der Konsole können demnach dabei helfen den Alltag besser zu organisieren und sollen künftig in Rehabilitationsprogramme eingebunden werden.
OAK BROOK (Biermann) – Denksport an der Spielkonsole scheint die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Multipler Sklerose (MS) zu verbessern. Darauf weist die US-amerikanische Gesellschaft für Radiologie hin.
Viele MS-Betroffene berichten über Beeinträchtigungen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit – sie sind mental weniger flexibel, haben ein schlechteres Kurzzeitgedächtnis und Probleme beim Lernen. Eine wichtige Rolle hierbei spielen Schäden im Thalamus, einer Struktur im Mittelhirn.
Italienische Forscher um Dr. Laura De Giglio von der Sapienza-Universität in Rom haben nun an Menschen mit MS den Einfluss eines videospielbasierten Rehabilitationsprogrammes zur Verbesserung der Kognition auf den Thalamus untersucht. Dazu nutzten sie eine Reihe von Videospielen, die das Gehirn in Form von Puzzles, Wortmemory oder anderen mentalen Herausforderungen trainieren sollen (sog. Gehirnjogging).
Insgesamt nahmen 24 MS-Betroffene mit kognitiven Defiziten an der Studie teil, die sich entweder über acht Wochen hinweg an fünf Tagen pro Woche 30 Minuten mit den Spielen beschäftigen sollten oder auf eine Warteliste kamen und so als Kontrollgruppe dienten.
Zu Beginn und nach Abschluss der achtwöchigen Trainingsphase unterzogen sich die Studienteilnehmer neuropsychologischen Tests und einer sogenannten resting state functional MRI (RS-fMRI), einem bildgebenden Verfahren, das es ermöglicht, funktionelle Verknüpfungen im Gehirn sichtbar zu machen.
„Wenn wir über erhöhte Konnektivität sprechen, meinen wir, dass sich Netzwerke im Gehirn verändert haben, indem sich die gleichzeitig arbeitenden Bereiche ausgedehnt haben“, erklärte De Giglio.
Entsprechend zeigten die zwölf Teilnehmer der Videospiel-Gruppe eine deutliche Zunahme der funktionellen Verknüpfung des Thalamus mit Gehirnbereichen, die dem Bewusstseinsnetzwerk (default mode network) angehören. Dies ist eine Gruppe von Gehirnregionen, die beim Nichtstun aktiv werden und beim Lösen von Aufgaben deaktiviert werden. Nach Ansicht der Forscher ist dies ein Beispiel für die Plastizität des Gehirns oder die Fähigkeit, zeitlebens neue Verknüpfungen zu bilden.
„Diese verstärkte Konnektivität spiegelt die Tatsache wider, dass die Beschäftigung mit den Videospielen die Art und Weise verändert hat, wie bestimmte Gehirnbereiche arbeiten“, sagte De Giglio. „Das bedeutet, dass auch eine weit verbreitete und alltägliche Beschäftigung wie Videospiele die Plastizität des Gehirns fördern und so bei der kognitiven Rehabilitation von Menschen mit neurologischen Störungen wie der MS helfen können.“
In der Praxis bedeutete dies, dass Studienteilnehmer aus der Videospielgruppe nach dem Training bei Tests zur Daueraufmerksamkeit und Exekutivfunktion deutlich besser abschnitten – Fähigkeiten, die bei der Organisation des täglichen Lebens und der Verhaltensregulation helfen.
Nun wollen die Forscher untersuchen, wie sich Videospiele zusammen mit anderen Maßnahmen möglichst effizient in Rehabilitationsprogramme einbauen lassen.