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Welche Therapie für welche MS?

MS Therapie
Die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die das Zentrale Nervensystem befällt. Dabei können die unterschiedlichsten Nerven beschädigt werden. Doch welche Möglichkeiten gibt es bei der Behandlung von MS? Hier finden Sie einen ersten Überblick über wissenswerte Aspekte der MS-Therapie.

Abhängig von den betroffenen Regionen im Nervensystem, muss auch die jeweilige Therapie individuell angepasst werden. 

Bereits bewährt hat sich der Ansatz eines dreistufigen Therapiemodells: Um den individuellen Krankheitsverlauf zu berücksichtigen, unterscheidet man zwischen den Behandlungsmöglichkeiten akute Schubtherapie, verlaufsmodifizierende Therapie und symptomatische Therapie. Darüber hinaus spielt die Schwere der Verlaufsform (mild/moderat oder hochaktiv) eine Rolle.

Jeder MS-Betroffene sollte in einer Langzeittherapie betreut werden. Diese kann auf weite Sicht die Schubrate senken und dadurch die Lebensqualität erhöhen. In Deutschland wird Multiple Sklerose in der sogenannten Basistherapie behandelt. Gerade bezüglich der Langzeitsicherheit haben sich zwei Substanzen als Basistherapeutikum etabliert: GlatirameracetatSubstanz, die zur immunmodulierenden Dauertherapie bei Multipler Sklerose eingesetzt wird und Ähnlichkeit mit einem Bestandteil der MyelinscheideNervenfaserhülle, die das Axon umgibt und aus Myelin gebildet wird. hat. und Interferon.

Der Wirkmechanismus von Glatirameracetat ist bisher nicht vollständig geklärt, allerdings weiß man, dass es das ImmunsystemDas Immunsystem ist ein komplexes System von Zellen und Zellfunktionen in einem Lebewesen. Es dient der Abwehr von fremden Substanzen und Krankheitserregern. „umprogrammiert“. Glatirameracetat verändert die T-Zellen des Immunsystems so, dass diese die Entzündungsreaktion bremsen. In Studien führte die Einnahme des Medikamentes zu einer deutlichen Eindämmung der MS-typischen Prozesse. InterferoneInterferone sind Botenstoffe, die von körpereigenen Zellen gebildet werden und in die Regulation von Abwehrvorgängen eingreifen. Bei der Multiplen Sklerose werden gentechnisch hergestellte Interferone als sogenannte Immunmodulatoren eingesetzt. bewirken – je nach Klasse – entweder eine Verstärkung oder Hemmung diverser Immunreaktionen. Für die Behandlung von MS sind Interferone der Gruppe beta geeignet, da sie die Entzündungsaktivität hemmen und die Anzahl der SchübeEin Schub bei MS bedeutet, dass neue Symptome oder Beschwerden auftreten oder sich schon bestehende Krankheitszeichen verschlimmern. Dies ist Ausdruck einer erneuten Entzündungsaktivität im Gehirn. verringern.

Viele Multiple Sklerose Betroffene sprechen auf eines der zur Basistherapie zugelassenen Medikamente gut an und können so langfristig ein aktives Leben führen. Sollte diese Therapie jedoch nicht mehr ausreichend wirksam sein und auch ein Wechsel auf ein anderes Basistherapeutikum keinen Erfolg bringen, muss die immunmodulatorische Therapie zu einer EskalationstherapieTherapieerweiterung nach mangelnder Wirksamkeit oder schwerem Verlauf der MS der immunmodulatorischen Basistherapie. erweitert werden.

Ergänzend zur Basistherapie wirkt die akute Schubtherapie. In der Regel wird hier über drei bis fünf Tage ein hochdosiertes Kortison-Präparat verabreicht. Kortison ist ein sogenanntes „Stresshormon“ und dient dazu, dem Körper in einer Belastungssituation mehr Energie zur Verfügung zu stellen. So soll die Leistungsfähigkeit der Muskulatur verbessert werden. Das Kortisonpräparat behandelt akute Entzündungen und zielt darauf ab, dass sich diese vollständig und ohne bleibende Schäden zurückbilden. Im Gegensatz zu anderen Immunsuppressiva, rechnet man bei dieser Kurzanwendung von Kortison mit weniger Nebenwirkungen.

Falls es während eines Schubs zu sehr schweren Symptomen kommt und die Kortison-Therapie nicht anschlägt, kann eine weitere Behandlungsform in Betracht gezogen werden: die Plasmapherese (PE). Diese Therapie filtert entzündungsfördernde AntikörperAntikörper werden von so genannten B-Lymphozyten gebildet. Sie bilden mit einem Antigen, für das sie spezifisch sind, einen so genannten Antigen-Antikörper-Komplex. Durch diese Komplexierung werden verschiedene Abwehrmechanismen aktiviert. aus dem Blutplasma und ergänzt den Verlust durch fremdes Plasma oder humanes Albumin (ein im Blut vorkommendes Protein). Nicht jeder Betroffene spricht allerdings auf die Plasmapherese an. Darüber hinaus ist das Verfahren ausschließlich für schwere akute Schübe zugelassen. Die Therapieoption sollte daher in jedem Fall mit einem MS-Zentrum besprochen werden. 

Bei der symptomatischen Therapie stehen Verfahren im Fokus, die die verschiedenen Symptome reduzieren. So zum Beispiel die Rehabilitationsbehandlung, die dazu dient bestehende körperliche Fähigkeiten zu erhalten und/oder Einschränkungen, die durch die MS hervorgerufen wurden, zu verbessern. Die Rehabilitation umfasst folgende Disziplinen: Physio- und Ergotherapie, Sporttherapie, physikalische Therapie, Logopädie (Sprach- und Stimmtherapie), neuropsychologische Diagnostik und Therapie, Psychotherapie sowie Kunst- und Musiktherapie.

Durch Physiotherapie stärken Betroffene ihre Muskelkraft und Koordination. Außerdem werden Ausdauer und Kontrolle gefördert. Von Vorteil kann dies zum Beispiel bei Symptomen wie Lähmungen oder SpastikUnwillkürlich und "federnd" erhöhte Muskelspannung, die bei rascher aktiver oder passiver Bewegung zunimmt, entsteht bei zentralen Lähmungen. sein. Physiotherapie bietet vielfältige Ansätze, die Ihnen dabei helfen sollen, weiter ein aktives Leben mit multipler Sklerose zu führen. Ganz gleich welche Therapieform – das Wichtigste bei der Physiotherapie ist Kontinuität. Zusätzlich zu den Stunden mit ihrem Therapeuten sollten Betroffene einzelne Übungen zuhause trainieren.  

Unter die symptomatische Therapie fällt ebenso die Unterstützung eines Logopäden. Die Logopädie ist Teil der Rehabilitation, wenn die Sprache und/oder das Schlucken beeinträchtigt sind. Eine Sprachtherapie hilft dabei, die Muskulatur von Zunge, Wangen, Lippen und Mund zu stärken. Schluckbeschwerden können durch Ernährungsempfehlungen, Atmungsarbeit oder Haltungstraining therapiert werden.

Als Ergänzung zu den herkömmlichen Behandlungsmaßnahmen, wenden einige Betroffene tiergestützte Therapien an. Zu den tiergestützten Therapien gehört beispielsweise die sogenannte Reit- oder HippotherapiePhysiotherapie mit Pferden. Unter Anleitung von speziell geschulten Physiotherapeuten werden durch die besondere Haltung und Bewegung auf dem Rücken der Pferde Symptome wie Spastizität, Koordinationsmängel, Bewegungsschwächen oder auch der Gleichgewichtssinn therapiert. Der intensive Kontakt mit den Pferden kann zudem eine Steigerung des seelischen Wohlbefindens bewirken., bei der mit Hilfe eines Pferdes die Beweglichkeit von Oberkörper, Beck und Hüfte trainiert wird. Solche Therapieformen haben den Vorteil, dass sie neben der körperlichen auch zur seelischen Gesundheit beitragen.

Die Rehabilitation unterstützen weiterhin neuropsychologische Therapien oder eine Psychotherapie. Denn der unvorhersehbare Verlauf und die Veränderungen, die die Multiple Sklerose im Alltag mit sich bringt, können Angst, Unsicherheit und Traurigkeit hervorrufen. Eine begleitende psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung ist in solchen Fällen hilfreich.

Für eine optimale Versorgung ist das Zusammenspiel von verlaufsmodifizierender Langzeittherapie, akuter Schubtherapie und der symptomatischen Behandlung überaus wichtig.

Mittel der Wahl – Welche Therapie für welche MS?

Je nach dem, welche Regionen des Nervensystems betroffen sind, weist die Multiple Sklerose unterschiedliche Symptome und Verlaufsformen auf. Aktuelle Forschungsergebnisse und neue verbesserte Therapieoptionen empfehlen ein dreistufiges Therapiemodell. Dieses berücksichtigt den individuellen Krankheitsverlauf und gewährleistet so eine optimale Therapie.

Stufentherapieschema zur Multiplen Sklerose

Das Stufenschema unterteilt die Behandlungsmöglichkeiten in akute Schubtherapie, verlaufsmodifizierende Therapie sowie symptomatische Therapie. Es unterscheidet zudem zwischen einer milden/moderaten und (hoch)aktiven Verlaufsform der MS. Individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst, können die drei Optionen gegebenenfalls miteinander kombiniert werden. Welche Behandlung für den einzelnen Betroffenen geeignet ist, hängt unter anderem von Faktoren wie Krankheitsstadium, Krankheitsverlauf, vorherrschenden Symptomen, Alter, Geschlecht, einem eventuellen Kinderwunsch oder Begleiterkrankungen ab.

Einzelne Therapieverfahren

Bei der symptomatischen Therapie stehen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder auch Psychotherapie im Vordergrund, die bei Bedarf die verschiedenartigen Symptome zusätzlich zur medikamentösen Therapie reduzieren.

Um bei einem akuten Schub schnelle Besserung zu erzielen, greifen Ärzte auf Kortisonpräparate zurück, die entzündungshemmend wirken.

In der verlaufsmodifizierenden Therapie geht es darum, Schübe zu verhindern und langfristig positiv auf den Krankheitsverlauf einzuwirken. Hierfür stehen eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung, wie die seit mehr als 20 Jahren etablierten Basistherapeutika oder auch neue, gerade erst zugelassene Therapieoptionen. Um das Auftreten von Schüben und das Fortschreiten der MS zu reduzieren, sollte mit einer effektiven Therapie so früh wie möglich begonnen werden.

 

Basistherapie bei MS – Immunmodulatoren: Langzeittherapie sichert Lebensqualität

Die MS-Basistherapie ist langfristig angelegt und hat zum Ziel, die Schubrate zu senken, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und so die Lebensqualität zu steigern. In Deutschland gibt es mehrere Substanzen, die als Basistherapeutikum zugelassen sind. Zu den etablierten zählen Glatirameracetat, Interferon, Dimethylfumarat und Teriflunomid. Teriflunomid ist seit 2013 zur MS-Basistherapie zugelassen, Dimethylfumarat seit Februar 2014.

Verschiedene Substanzklassen für die Multiple Sklerose Therapie

Glatirameracetat wird synthetisch aus den natürlichen Aminosäuren Alanin, Glutaminsäure, Lysin und Tyrosin gewonnen, die bei der Herstellung zu Molekülen unterschiedlicher Länge verknüpft werden. Ihre Struktur ist dem in Gehirn und Rückenmark vorkommenden Eiweiß MyelinAls Myelin bezeichnet man die Hüll- und Isoliersubstanz der Nervenfasern, die aus Lipiden und Proteinen besteht. Sie umgibt Nervenzellkörper und Axone und fördert die schnellere Weiterleitung einer Information. Im Zentralen Nervensystem wird es von OligodendrozytenGliazellen im ZNSZentralnervensystem, die Myelin im zentralen Nervensystem bilden., im peripheren Nervensystem von den Schwann-Zellen gebildet.-Basisches-Protein (MBP) sehr ähnlich. MBP stabilisiert die Myelinmembran und sorgt somit dafür, dass die Reizweiterleitung gewährleistet bleibt.

Interferon beta (IFN-ß 1a und IFN-ß 1b) ist ein Botenstoff des Immunsystems, das von unterschiedlichen Körperzellen auf verschiedenste Reize hin freigesetzt wird. Je nach Interferonklasse können sie entweder die Immunreaktion verstärken oder hemmen. Interferon wird entweder genetisch in Bakterien (IFN-b 1b) oder in Säugetierzellen (IFN-b 1a) hergestellt.

Glatirameracetat – ein komplexes Wirkprinzip gegen Multiple Sklerose

Der Wirkmechanismus von Glatirameracetat ist bisher nicht vollständig geklärt. Man weiß jedoch, dass es das Immunsystem "umprogrammiert". Die MS ist eine duale Erkrankung: Einerseits treten im Gehirn plötzlich Entzündungen auf, andererseits gehen durch bisher nur teilweise verstandene Prozesse Nervenzellen zugrunde. Glatirameracetat verändert die T-Zellen des Immunsystems so, dass diese die Entzündungsreaktion bremsen, anstatt diese zu beschleunigen. Gleichzeitig werden bestimmte Zellen des Immunsystems dazu gebracht, ihre gegen das Myelin und somit gegen das Nervengewebe gerichteten Abwehrreaktionen herunterzufahren. Da diese T-Zellen sehr viele Prozesse steuern, haben sie eine zentrale Bedeutung in der Therapie von Autoimmunerkrankungen wie der MS.

Reduktion von MS-Schüben

Glatirameracetat führte in Studien zu einer deutlichen Eindämmung der MS-typischen Prozesse. Im Vergleich zur Therapie mit einem Scheinmedikament (Placebo) verringert die tägliche und die drei mal wöchentliche Behandlung mit Glatirameracetat die Anzahl der MS-Schübe deutlich und vergrößert die zeitlichen Abstände wesentlich. Positive Langzeiterfahrungen mit Behandlungsverläufen liegen für beide Dosierungsformen vor, zum Beispiel treten bedeutend weniger Nebenwirkungen auf. Informationen zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der Gebrauchsinformation (Beipackzettel).

Interferon bei MS

Da Interferone sich gegen Viren richten und man früher davon ausging, Viren seien Ursache der MS, testete man verschiedene Interferone auf ihre Wirksamkeit bei MS. Dabei erwiesen sich Interferone der Gruppe beta als geeignet, um die Entzündungsaktivität zu hemmen, die Anzahl der Schübe zu mindern und so das Fortschreiten der MS zu verlangsamen. Informationen zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte den Gebrauchsinformationen (Beipackzettel).

Neue Optionen zur Basistherapie

Der Wirkstoff Dimethylfumarat (DMF) ist zur MS-Basistherapie seit Februar 2014 zugelassen. Er wird zweimal täglich als Kapsel eingenommen. Dimethylfumarat  programmiert Zellen des Immunsystems um und aktiviert ein Protein, das beschädigte Eiweiße abbaut. Wegen des erhöhten Risikos, unter der Therapie eine progressive multifokale Lekenzephalopathie (PML) mit ungünstiger Prognose zu entwickeln, wird vor Therapiestart der Arzt ein entsprechendes Aufklärungsgespräch führen. 

Ebenfalls als Kapsel wird Teriflunomid verabreicht – allerdings einmal täglich. Teriflunomid wirkt entzündungshemmend, indem es die Aktivierung von T- und B-Zellen unterdrückt. Die Zulassungsstudien beider Wirkstoffe belegen, dass sowohl Dimethylfumarat als auch Teriflunmod die jährliche Schubrate, das Fortschreiten der Behinderungsrate und die Anzahl der Läsionen im MRT verringern.

Weitere Informationen zur Basistherapie erhalten Sie in der Broschüre "Basisinformationen – Wissenswertes zum Thema Multiple Sklerose". 

 

Download Broschüre "Leitfaden zur Therapieauswahl"

 

Kortison in der MS-Schubtherapie

Die so genannte „Stoßtherapie“ mit einem hochdosierten Kortison-Präparat stellt heute die wichtigste Behandlung des akuten MS-Schubes dar. Zusammen mit den verschiedenen Möglichkeiten der immunmodulierenden Langzeittherapie, die die Schubhäufigkeit und -schwere vermindert und dadurch den langfristigen Verlauf der Erkrankung positiv beeinflusst, bildet sie die Grundlage einer effektiven Behandlung der dualen Erkrankung Multiple Sklerose.

Was ist Kortison?

Kortikoide zählen zu den lebenswichtigen körpereigenen Hormonen. Diese werden in der Nebenniere gebildet. Unter dem Begriff Kortikoide fasst man verschiedene chemisch ähnliche Substanzen aus dieser Hormongruppe zusammen. Man unterscheidet Glukokortikoide, deren Name sich von ihrem Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel (Glukosestoffwechsel) ableitet, und Mineralokortikoide, die den Mineralhaushalt (Elektrolythaushalt) regulieren.

Das wichtigste körpereigene Glukokortikoid ist das Kortisol (Hydrokortison), eine aktivierte Form des Kortisons. Seine Ausschüttung unterliegt einem deutlichen Tagesrhythmus. Die höchsten Spiegel finden sich in den frühen Morgenstunden (6 bis 8 Uhr). Eine erhöhte Kortisonausschüttung wird in Stresssituationen beobachtet: Während die normale Kortisolproduktion 15 – 60 mg/Tag beträgt, können unter Stressbedingungen bis zu 240 mg ausgeschüttet werden. 

Kortison ist also ein sogenanntes „Stresshormon“ – es dient dazu, dem Körper in einer Belastungssituation vermehrt Energie zur Verfügung zu stellen (zum Beispiel Zucker) und unter Vermittlung anderer Wirkstoffe die Leistungsfähigkeit der Muskulatur zu verbessern.

In den akuten Krankheitsphasen der MS werden Kortikoide etwa seit 35 Jahren eingesetzt. Bei einem Schub hemmt Kortison die Entzündungsaktivität und setzt die Blut-Hirn-SchrankeDie Blut-Hirn-Schranke ist eine selektiv durchlässige Barriere zwischen dem Blutgefäßsystem und dem Zentralen Nervensystem durch die der Stoffaustausch kontrolliert wird. Diese "Schranke" soll das Gehirn vor toxischen (giftigen) Substanzen schützen. Der wesentliche Bestandteil dieser Schranke oder Barriere sind Endothelzellen, die die kapillaren Blutgefäße im Gehirn auskleiden. wieder instand, damit T-LymphozytenWeiße Blutkörperchen, die eine wichtige Funktion in der Erkennung und Zerstörung von körperfremdem Material haben. nicht das Zentrale Nervensystem erreichen. Die Schubdauer wird damit verkürzt und neurologische Ausfälle können in Dauer und Ausmaß begrenzt sowie rascher zurückgebildet werden.

Infusionsbehandlung mit Kortison bei akutem MS-Schub

In der Regel werden bei einem akuten MS-Schub über eine Dauer von drei bis fünf Tagen täglich 500 – 1.000 mg des Kortisons Methylprednisolon als Infusion verabreicht. Die intravenöse Infusionsbehandlung macht zumeist einen stationären Klinikaufenthalt erforderlich, der häufig auch zu diagnostischen Zwecken genutzt wird. Die sich anschließende Kortisonbehandlung mit Tabletten kann zu Hause fortgesetzt werden.

Bei wiederholter Notwendigkeit einer Schubtherapie wird die Kurzinfusion aber auch ambulant verabreicht. Darüber hinaus ist inzwischen auch die orale Gabe von hochdosiertem Kortison untersucht und für die Schubtherapie zugelassen worden. Hierbei müssen allerdings zahlreiche Tabletten eingenommen werden.

Mögliche Nebenwirkungen von Kortison

Kortison bewirkt durch seine entzündungshemmenden und das Immunsystem unterdrückenden Effekte eine Verkürzung des Schubs und eine Verringerung seiner Schwere. Auf den langfristigen Verlauf vermag diese Behandlung jedoch keinen nachgewiesenen Einfluss zu nehmen. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb Kortison heute nicht mehr als Dauertherapie empfohlen wird. Ein weiterer wesentlicher Grund sind die bei hoher Dosierung und längerer Anwendung auftretenden, zahlreichen unangenehmen und teils ernsten Nebenwirkungen von Kortison. Mögliche Nebenwirkungen von Kortison sind: Magenbeschwerden, eine geschwächte Infektabwehr, erhöhter Blutzuckerspiegel, veränderter Fettstoffwechsel, Gefahr von Bluthochdruck und Osteoporose. Weiterhin kann es zu gesteigertem Appetit und Hautveränderungen kommen.

Da bei der MS jedoch nur kurze Behandlungen mit Kortison nötig sind, treten starke Nebenwirkungen in der Regel nur selten auf. 

Kaum ernste Nebenwirkungen von Kortison bei MS-Schubtherapie

Die Häufigkeit der Nebenwirkungen hängt sowohl von der Dosis des Kortisons als auch von der Verabreichungsform (zum Beispiel Infusion oder Tabletten) sowie der Behandlungsdauer ab. Bei der hochdosierten Stoßtherapie über drei bis fünf Tage hinweg kommt es selten zu unangenehmen Nebenwirkungen von Kortison. Und wenn doch, bilden sich diese meist sehr schnell nach Beendigung der Therapie wieder zurück. Die klinische Erfahrung zeigt, dass die höheren, intravenös verabreichten und gleichzeitig wirksameren Dosen in der Regel sogar besser vertragen werden, als die niedrigeren oralen Dosen. 

Was muss ich während der Kortison-Stoßtherapie beachten?

Tritt ein akuter MS-Schub auf, ist Kortison das Mittel der Wahl, um die akute Entzündung effektiv zu behandeln. Im Folgenden finden Sie einige nützliche Hinweise und praktische Tipps, um möglichen Nebenwirkungen der Therapie entgegenzuwirken.

Ernährung während der Kortison-Einnahme

Da Kortison die Magenschleimhaut angreifen kann, werden in der Regel begleitend magenschützende Präparate verabreicht. Am besten sagen Sie Ihrem Arzt schon vor Beginn der Therapie, wenn bei Ihnen besondere Probleme mit dem Magen, wie zum Beispiel eine Magenschleimhautentzündung, vorliegen. Zudem wird eine Appetitsteigerung während der Einnahme beobachtet, die zu unerwünschter Gewichtszunahme führen kann. Achten Sie deshalb auf Folgendes:

  • Nehmen Sie während der Kortisontherapie nicht übermäßig viel Zucker zu sich, da Kortison den Blutzuckerspiegel erhöht.

  • Ernähren Sie sich fettarm, denn Kortison steigert die Konzentration von Cholesterin im Blut.

  • Salzen Sie nur mäßig. Besonders bei hohen Dosen unterdrückt Kortison die Salzausscheidung des Körpers, es kann dann eventuell zu unerwünschter Wassereinlagerung kommen.

  • Kalzium und Vitamin D sind jetzt wichtig, um der Verringerung der Knochendichte (Osteoporose) vorzubeugen. Milch, Käse und andere Milchprodukte sind gute Kalziumlieferanten. Versuchen Sie, sich viel an der frischen Luft aufzuhalten, da auch das Sonnenlicht einen positiven Einfluss auf den Kalzium- und Vitamin-D-Haushalt hat. Eine Supplementation ist in der Regel nicht notwendig, Sie sollten dies jedoch mit Ihrem Arzt besprechen.

  • Eiweiß hilft, dem Verlust von Muskelmasse vorzubeugen. Die wichtigsten Lieferanten sind Fleisch, Eier, Milchprodukte, Fisch, Getreide, Hülsenfrüchte und Soja.

  • Auch Ihr Kaliumbedarf ist während der Kortisontherapie erhöht. Bananen, Orangen, Kartoffeln und Tomaten enthalten Kalium und noch viele andere wichtige Vitamine.

Kortison-Infusion am Vormittag

Versuchen Sie, die tägliche Kortisongabe möglichst früh auf den Morgen zu legen. Denn zu dieser Tageszeit besteht auch das physiologische Maximum der körpereigenen Produktion. Außerdem kann das Kortison eine anregende Wirkung haben, die bei abendlicher Gabe zu Schlafproblemen in der Nacht führen kann. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts ist die tägliche Gabe der Infusion aus diesen Gründen in der Regel am Vormittag üblich. Die Infusionen müssen aber nicht zwingend unter stationären Bedingungen stattfinden. Ihr Arzt wird mit Ihnen zusammen entscheiden, ob Sie die Infusion auch ambulant erhalten können.

Bewegung hilft

Wenn es Ihr Zustand erlaubt, ist Bewegung in Maßen von Vorteil! Gleich drei unerwünschten Wirkungen kann dadurch entgegengewirkt werden: Bewegung stärkt die Knochen, beugt dem Abbau von Muskeleiweiß vor und reguliert den Blutzuckerspiegel.

Infekten aus dem Weg gehen

Da Kortison einen Einfluss auf die Immunvorgänge hat, können Sie während der Therapie besonders infektanfällig sein. Achten Sie daher auf eine gute Hygiene und meiden Sie große Menschenmengen. Eine gute Mundhygiene sollte jetzt ebenfalls besonders beachtet werden. Denn durch die geschwächte Abwehr könnte es zu unangenehmem Pilzbefall der Mundschleimhaut kommen. 

Therapie nicht eigenmächtig abbrechen

Brechen Sie die Kortisontherapie nicht eigenmächtig ab. Nehmen Sie das Präparat genau so, wie Ihr Arzt es Ihnen verordnet hat, denn Therapietreue ermöglicht Ihnen langfristig eine aktive Zukunftsgestaltung. Bitte melden Sie sich sofort bei Ihrem Arzt, wenn größerer Durst, verstärktes Wasserlassen, Fieber oder sonstige Hinweise auf einen Infekt auftreten.

Kortison bei MS: Fluch oder Segen?

Seit der Einführung von Kortison in den 1950er Jahren wurde sehr viel getan, um die gewünschte entzündungshemmende Wirkung zu verstärken und die Nebenwirkungsrate zu senken. Ganz wichtig ist dabei für MS-Betroffene zu wissen: Da sich die unerwünschten Nebeneffekte erst nach längerer Einnahme einstellen, sollte während eines Schubs nicht auf den erforderlichen Kortisonstoß verzichtet werden. Wie bei der immunmodulatorischen Langzeittherapie, gilt auch beim akuten MS-Schub: Je früher die akute Entzündung angemessen behandelt wird, desto größer ist die Chance, dass sie sich vollständig und ohne bleibende Schäden zurückbildet.

Durch die konsequente Anwendung Ihrer immunmodulatorischen MS-Langzeittherapie können Sie Ihren Teil dazu beitragen, dass möglichst selten neue Schübe auftreten und eine Kortison-Stoßtherapie überhaupt erforderlich wird. Denn die immunmodulatorischen Basismedikamente können heute nachweislich die Schubhäufigkeit reduzieren.

 

Immunsuppressiva bei MS – Unterdrückung des Immunsystems

Immunsupressiva dämpfen das Immunsystem und werden nicht nur bei der Behandlung von Multipler Sklerose behandelt, sondern auch in anderen Bereichen der Medizin. Bei MS-Betroffenen sollen diese Medikamente die Produktion weiter Blutkörperchen senken. Allerdings wirken sie unspezifischer als Immunmodulatoren und dienen daher eher als Ergänzung oder Alternative. 

Azathioprin erfüllt Hoffnungen nur begrenzt

Zur Therapie von MS wurden große Hoffnungen in das Medikament Azathioprin gesetzt, mit dem sich unerwünschte Abwehrreaktionen wie die Abstoßung eines transplantierten Organs verhindern lassen. Diese Erwartungen wurden jedoch in mehreren Studien bisher noch nicht ausreichend bestätigt. Insgesamt kann jedoch die Reduktion der Schubfrequenz als gesicherte Wirkung gelten.

Andere Immunsuppressiva wie MitoxantronSubstanz, die im Rahmen einer Eskalationstherapie bei mangelnder Wirksamkeit der immunmodulatorischen Basistherapie eingesetzt werden kann., Methotrexat oder Cyclophosphamid kommen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz – z. B. bei Unverträglichkeiten.

Nebenwirkungen

Immunsuppressive Substanzen weisen eine Vielzahl an möglichen Nebenwirkungen auf. Dazu zählen u. a. erhöhte Infektionsanfälligkeit, erhöhtes Risiko für Tumorerkrankungen, Einschränkung der natürlichen Funktionen des Knochenmarks bei der Bildung von weißen wie roten Blutzellen und Blutplättchen für die Blutgerinnung.

Die Risiken stehen somit in einem Ungleichgewicht gegenüber dem Nutzen. Vor diesem Hintergrund werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt immunmodulierenden Substanzen wie Glatirameracetat oder Interferonen für die Basis- und Dauertherapie der Vorzug gegeben. Erinnert sei hier nochmals an Kortison, das nach wie vor als Medikament der Wahl gilt, wenn es um die Behandlung akuter Schübe geht. Auch wenn es zu den immunsupprimierenden Medikamenten zählt, ist nicht mit derartigen Nebenwirkungen zu rechnen, da es zwar hochdosiert ist, doch meist nur für drei bis fünf Tage angewendet wird.

Hippotherapie bei Multiple Sklerose: Reiten mit MS – Gut für Körper und Seele

Menschen mit MS sind in ihren Bewegungsabläufen oft eingeschränkt. Die Physiotherapie bietet verschiedene Ansätze, die helfen können, die motorischen Beeinträchtigungen zu verbessern. Als Ergänzung zu den herkömmlichen Behandlungsmaßnahmen können tiergestützte Therapien angewendet werden. Dazu gehört auch die Reit- oder Hippotherapie, bei der mithilfe eines Pferdes die Beweglichkeit des Torsos, des Beckens sowie der Hüften trainiert wird. Diese Therapieoption hat noch einen Pluspunkt: sie trägt neben der körperlichen auch zur seelischen Gesundheit bei.

 

Was ist Hippotherapie?

Die Hippotherapie ist eine physiotherapeutische Maßnahme aus dem Bereich der Neurologie. Sie eignet sich besonders für Menschen mit MS und Spasmen, da mit dieser Therapiemethode die unterschiedlichsten neurologischen Bewegungsstörungen behandelt werden. Das Reiten findet dabei nicht aktiv, sondern passiv statt und grenzt sich somit vom heilpädagogischen Reiten oder Behindertenreiten ab.

Das passive Reiten hilft in erster Linie dabei, den Behandlungserfolg anderer krankengymnastischer Maßnahmen zu sichern und zu stabilisieren. Eine therapeutische Überlegenheit der Reittherapie bei MS gegenüber herkömmlichen Therapien wurde noch nicht nachgewiesen. Laut des Gemeinsamen Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen ist diese Therapieform ein „nichtverordnungsfähiges Heilmittel“ und fällt nicht zu Lasten der Krankenkassen, d.h. die Kosten werden nicht übernommen.

Reittherapie bei MS sollte dennoch von einem Arzt verordnet werden, schon allein um medizinische Bedenken auszuschließen. Wenn aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht, kann ein Privatrezept „Hippotherapie – Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis“ ausgestellt werden. Eine Behandlung dauert etwa 20 bis 30 Minuten. Die Kosten orientieren sich am VdaK-Satz (Verband der Angestellten Krankenkassen e. V.) und liegen derzeit bei ca. 35 Euro pro Behandlungseinheit. Die Hippotherapie wird ein bis zwei Mal wöchentlich durchgeführt. 

Hippotherapie bei MS in der Praxis

Nach der ärztlichen Verordnung geht es auf den Reiterhof. Um Pferd und Mensch die nötige Ruhe und Konzentration zu ermöglichen, wird die Therapie in der Reithalle durchgeführt. Eine spezielle Rampe ermöglicht es, auch Menschen mit einem stark beeinträchtigten Bewegungsapparat auf das Pferd zu steigen. Zur Sicherung ist der Sattel mit Anschnallgurten und Haltegriffen ausgestattet. Das Pferd wird von einer Pferdeführerin am Landzügel geführt, während ein speziell ausgebildeter Physiotherapeut Hilfestellungen bei den individuell für den MS-Betroffenen gestalteten Übungen gibt. Hat der Reiter Probleme, sich selbst im Sattel zu halten, läuft eine weitere Person auf der anderen Pferdeseite mit.

Wie läuft die Reittherapie bei MS ab?

Der Bewegungsapparat des Menschen ist auf aufrechtes Gehen ausgelegt. Dabei wird eine dreidimensionale Kipp- und Drehbewegung des Beckens ausgeführt. Um den dabei entwickelten Schwung auszubalancieren, ist eine gegengleiche Bewegung nötig, die den größten Teil des Körpers einbezieht. Geht der linke Fuß nach vorn, schwingen automatisch die rechte Schulter und der Arm mit. Schwingt der rechte Arm zurück, animiert er umgekehrt den linken Arm und das rechte Bein zur Vorwärtsbewegung. Die Schwingungen des Pferderückens ähneln dem Bewegungsablauf eines Menschen. Dieser dreidimensionale Schwingungsimpuls, der von dem im Schritt gehenden Pferd ausgeht, wird auf den aufrecht sitzenden Menschen übertragen. Somit versorgt der Bewegungsablauf des Pferdes das Becken des Reiters mit der gleichen Bewegung, die auch beim menschlichen Gehen entsteht. Etwa 90 bis 110 dreidimensionale Schwingungsimpulse überträgt das Pferd pro Minute, auf die der menschliche Körper antworten muss. Diese Bewegungssimulation wirkt sich günstig auf den Muskeltonus aus: schlaffe Muskeln spannen sich an, zu stark gespannte Muskeln lösen sich nach kurzer Zeit. Muskelfunktionen und Bewegungsabläufe wie zum Beispiel das Gehen können so erhalten oder verbessert werden. Die Bewegung des Pferdes fördert zusätzlich Gleichgewicht, Haltung, Körperwahrnehmung und Körpervertrauen.

Entspannungsphase nach der Hippotherapie 

Da viele Betroffenen nach der Behandlungseinheit erschöpft sind, sollte im direkten Anschluss das Gehen oder Autofahren vermieden werden. 10 bis 20 Minuten Sitzenbleiben und Entspannung sind ein wichtiger Teil der Therapie. Kleiner Tipp: bei kälterem Wetter eine Decke umlegen.

Wann hilft eine Hippotherapie bei MS?

Bei MS-Betroffenen, die ohne Hilfe nicht mehr sitzen können, wird die Reittherapie nicht angewandt. Auch wenn sich die MS-Symptome während der Therapie verschlimmern oder ein akuter Schub auftreten, sollte die Behandlung vorübergehend beendet werden. Nach einem Schub hingegen ist die Hippotherapie als Reha-Maßnahme bei MS empfehlenswert, da sich diese positiv auf den Wiederherstellungsprozess auswirken kann.

Weitere Informationen zur Hippotherapie erhalten Sie beim Deutschen Kuratorium für therapeutisches Reiten e. V. unter www.dkthr.de.

Stand: 22.09.2016