25.11.2022 – Wissenschaft & Forschung

Lebensqualität bei MS hängt von vielen Faktoren ab

MINNEAPOLIS (Biermann) – Höheres Alter bei der Diagnose, körperliche Beeinträchtigungen und ein niedriges Einkommen beeinträchtigen die psychische und physische Lebensqualität von Menschen mit MS.
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„Menschen mit Multipler Sklerose berichten über eine geringere Lebensqualität als Menschen ohne die Erkrankung und sogar als Menschen mit anderen chronischen Erkrankungen", sagte Studienautorin Julia O'Mahony, PhD, vom Health Sciences Centre Winnipeg in Winnipeg, Kanada. „Es gibt mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen könnten. Mit unserer Studie wollten wir diese Faktoren identifizieren, damit sie frühzeitig im Krankheitsverlauf angegangen werden können.“

An der Studie nahmen 4.888 Personen teil, die am North American Research Committee on Multiple Sclerosis (NARCOMS)-Register beteiligt waren; 81 Prozent von ihnen waren Frauen, die bei der Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) im Durchschnitt 42 Jahre alt waren. Bei allen war die Diagnose innerhalb von drei Jahren vor Studienbeginn gestellt worden. Jede Person wurde mindestens dreimal zu ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität befragt und füllte dazu über einen Zeitraum von bis zu 27 Jahren durchschnittlich zwölf Fragebögen aus.

Alter bei der Diagnose als Risikofaktor

Bezüglich der körperlichen Lebensqualität teilten die Forscher die Teilnehmer in fünf Gruppen ein. Die erste Gruppe (26 %) hatte eine konstant niedrige, aber stabile Lebensqualität. Die zweite Gruppe (29 %) berichtete über eine mäßig niedrige und stabile Lebensqualität. Die dritte Gruppe (13 %) gab in den ersten Jahren nach der Diagnose eine mäßige bis niedrige Lebensqualität und danach eine normale Lebensqualität an. Die vierte Gruppe (17 %) berichtete über eine frühe Verschlechterung und dann einen Anstieg auf eine mäßige bis normale Lebensqualität. Die fünfte Gruppe (14 %) hatte 20 Jahre lang eine normale Lebensqualität und erlebte dann einen Rückgang.

Die Forscher fanden heraus, dass Menschen, die stärkere körperliche Beeinträchtigungen oder eine stärkere Fatigue aufwiesen oder bei der MS-Diagnose älter waren, ein erhöhtes Risiko hatten, zu der Gruppe mit der schlechtesten körperlichen Lebensqualität zu gehören. Die Studienteilnehmer in der Gruppe mit der niedrigsten Lebensqualität waren bei der Diagnose durchschnittlich 46 Jahre alt, während das Durchschnittsalter der Gruppe mit der höchsten Lebensqualität 38 Jahre betrug. Die Menschen in der Gruppe mit der schlechtesten Lebensqualität hatten mäßige Behinderungen, z. B. Probleme mit dem Gang und der Beweglichkeit, oder sie begannen, beim Gehen einen Stock zu benutzen, während die Menschen in der besten Gruppe keine oder nur leichte Behinderungen aufwiesen.

Psychische Lebensqualität hängt vom Einkommen ab

Hinsichtlich der psychischen Lebensqualität bildeten die Forscher vier Gruppen. Gruppe 1 (19 %) hatte eine chronisch niedrige psychische Lebensqualität. Gruppe 2 (33 %) berichtete über eine mäßig niedrige, aber stabile psychische Lebensqualität. Die dritte Gruppe (22 %) gab eine mäßig niedrige psychische Lebensqualität in den ersten zehn Jahren nach der Diagnose an, die sich dann aber normalisierte. Gruppe 4 (26 %) berichtete über eine dauerhaft normale psychische Lebensqualität.

Als Faktoren, die die psychische Lebensqualität der Teilnehmer stark beeinflussten, identifizierten die Forscher das Einkommen und das Ausbildungsniveau. So hatten Menschen mit einem Jahreseinkommen von maximal 50.000 Dollar oder ohne Hochschulbildung ein erhöhtes Risiko, zu der Gruppe mit der schlechtesten psychischen Lebensqualität zu gehören. So hatten 62 Prozent der Personen aus Gruppe 1 ein Einkommen von maximal 50.000 USD, verglichen mit 44 Prozent der Personen in Gruppe 4. Zudem hatten 38 Prozent der Personen aus Gruppe 1 keinen Hochschulabschluss, verglichen mit 22 Prozent der Personen aus Gruppe 4.

Keinen Einfluss auf die Lebensqualität hatte hingegen, ob bei den Studienteilnehmern eine schubförmig remittierende oder primär progrediente Form der MS diagnostiziert worden war.

„Es gibt frühe Risikofaktoren für eine schlechte gesundheitsbezogene Lebensqualität, die von Ärzten und anderen Gesundheitsfachkräften leicht erkannt werden können“, resümierte O'Mahony. „So lassen sich beispielsweise sozioökonomische Faktoren wie geringere Bildung und geringeres Einkommen leicht feststellen. Dies könnte eine Möglichkeit für frühzeitige Interventionen bieten, die Menschen mit MS zu einem besseren Leben verhelfen könnten“, zeigte sich die Wissenschaftlerin optimistisch.