09.06.2022 – Gesundheit & Psyche

Lähmungserscheinungen bei MS

Bei MS können Muskeln nicht mehr richtig koordiniert oder Sinnessignale nicht korrekt weitergegeben werden. Spastische, also krampfartige Lähmungen und Koordinationsstörungen zählen zu den frühen Symptomen der Multiplen Sklerose.
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Eine MS entwickelt sich individuell sehr unterschiedlich. So bringt die Erkrankung in ihrem Verlauf für rund ein Drittel der Betroffenen schwere Behinderungen mit sich, ein weiteres Drittel leidet zwar unter Behinderungen, die Selbstständigkeit bleibt aber erhalten. Immerhin rund ein Drittel der Betroffenen hat zeitlebens einen günstigen Krankheitsverlauf. Nach 25 Jahren Krankheitsdauer sind – bei entsprechender Behandlung – durchschnittlich rund 30 Prozent der Betroffenen arbeitsfähig, die Mehrheit (65 Prozent) noch gehfähig. Eine eindeutige Aussage über Verlauf und Schweregrad der Krankheit lässt sich für den Einzelnen allerdings kaum treffen.  

Von Ermüdbarkeit bis Lähmung

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Lähmungserscheinungen bei MS: Beeinträchtigungen der Willkürmotorik, also der aktiv gesteuerten Bewegungen, und Funktionsstörungen von unbewusst arbeitenden Muskeln bzw. Muskelsystemen, wie die von Blase oder Mastdarm. Je nach Ausprägung und Verortung eines MS-Herdes im zentralen Nervensystem (ZNS) können sich Störungen der willkürlichen Muskelfunktionen unterschiedlich stark auswirken. Dies kann von einer verstärkten Ermüdbarkeit bestimmter Muskeln ("Ich kann nur noch die Hälfte der sonst üblichen Strecke joggen") bis zur Bewegungsunfähigkeit (inkomplette bis komplette Lähmung) der jeweiligen Muskeln reichen.  

Muskelschwäche und Spastik bei MS

Die Beeinträchtigung der Beinmuskulatur kann bis zur Gehunfähigkeit der Betroffenen führen. Werden die Muskeln nicht mehr vom zentralen Nervensystem angesteuert (Enthemmung), kann eine gesteigerte Muskelaktivität, die so genannte Spastik, auftreten. Mehr als 30 Prozent der Menschen mit Multipler Sklerose sind von einer Spastik betroffen und haben steife beziehungsweise verkrampfte Muskeln.

Motorische Störungen können neben den Muskeln der Arme und Beine auch andere Muskelgruppen, etwa die Rachen- oder Gesichtsmuskeln, betreffen, wodurch möglicherweise weitere Funktionen wie Sprechen, Schlucken oder Mimik beeinträchtigt werden. Wie bei allen anderen MS-Symptomen ist auch hier eine Rückbildung ganz oder teilweise möglich. Bleiben die Symptome bestehen, können insbesondere spastische Beschwerden gezielt und mit guter Aussicht auf Erfolg medikamentös und/oder mit Krankengymnastik therapeutisch beeinflusst werden. Gymnastische Übungen können dazu beitragen, die Muskeln weich und geschmeidig zu halten. Zudem sind die Hippotherapie (Therapeutisches Reiten) und die progressive Muskelentspannung gute Möglichkeiten, einer Lähmung oder Spastik bei Multiple Sklerose entgegenzuwirken. 

Hilfsmittel bei eingeschränkter Mobilität

Für Menschen mit MS ist es wichtig, über einen möglichst langen Zeitraum hinweg beweglich und damit selbstständig zu bleiben. Schränken Lähmungserscheinungen die Mobilität ein, stehen Betroffenen eine Reihe von Hilfsmitteln zur Verfügung. Bei einer Fußheberschwäche unterstützen Bandagen, spezielle Orthesen wie eine Peroneusschiene oder Geräte zur elektrischen Stimulation des Wadenbeinnervs die Betroffenen und steigern ihre Gangsicherheit. Elektrische und mechanische Orthesen sind übrigens gleich gut geeignet, um das Gangbild zu verbessern, das zeigt eine britische Studie.  Allerdings profitierten die Studienteilnehmer mit der elektrischen Unterstützung zusätzlich von einem besseren Selbstwertgefühl.

Während eines Schubes kann vorübergehend auch eine Gehhilfe oder ein Rollstuhl notwendig werden. Dieser sollte leicht und gut transportierbar sein, damit er schnell im Auto verstaut werden kann. Für den Fall, dass das Aufstehen aus dem Rollstuhl Probleme bereitet, bietet eine spezielle Aufstehhilfe Unterstützung.