03.11.2025 – Recht & Soziales

Ask the expert: Diagnose MS im Job – was muss ich sagen?

„Was muss ich meinem Arbeitgeber sagen?“ Diese wichtige Frage stellen sich viele Menschen, die mit Multipler Sklerose im Berufsleben stehen. Den Rechtstipp gibt Rechtsanwalt Oliver Dünow.
Ein Paragraphensymbol im Vordergrund, sieht man unscharf im Hintergrund einen Mann ein Dokument überarbeitend

„Die Diagnose Multiple Sklerose wirft viele Fragen auf – eine davon ist die, was ich im Berufsleben von meiner Erkrankung preisgeben muss, beziehungsweise sollte: Eine wichtige Fragestellung, die ich bei meinen Veranstaltungen regelmäßig bespreche und die immer wieder gestellt wird. Grundsätzlich gilt: Gesundheit und Krankheiten sind höchstpersönliche Angelegenheiten, sodass ein Arbeitgeber über gar nichts informiert werden muss. Daher enthalten z. B. auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen keine Diagnose.

Es kann aber insbesondere im Bereich einer chronischen Erkrankung sinnvoll sein, frühzeitig und offen gesundheitliche Probleme anzusprechen. Häufig trifft man dann auf mehr Verständnis und Kooperationsbereitschaft. Es reicht oft auch, die ungefähre Symptomatik zu schildern, um zum Beispiel eine Änderung des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit zu bewirken.

Um einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz zu schaffen, muss der Arbeitgeber natürlich auch wissen, wie sich die Bedürfnisse der betroffenen Person ändern. Naturgemäß kann hier nur Abhilfe geschaffen werden, wenn die Arbeitgeberseite Bescheid weiß. Dabei sollte aber immer abgewogen werden, ob das Betriebsklima so offen ist, dass man dort mit den verantwortlichen Personen über eine persönliche Angelegenheit, wie eine Erkrankung, vernünftig sprechen kann.

Auch gibt es Arbeitgeber, wie große Firmen oder Behörden, die zur Einstellung z. B. von Menschen mit einer Schwerbehinderung verpflichtet sind. Hier liegt es dann nahe, sich unter Berufung auf den Schwerbehindertenausweis zu bewerben, wovon ansonsten eher abzuraten ist.

Genauere Details, wie die Art und der Umfang der Erkrankung, eine genaue Diagnose und unter Umständen sogar Offenlegung von ärztlichen Unterlagen, wird es nur im Ausnahmefall geben, zum Beispiel bei einem Gerichtsverfahren, bei dem es um eine krankheitsbedingte Kündigung geht und die betroffene Person nachweisen muss, dass sie auf längere Sicht wieder arbeitsfähig sein wird.

In jedem Fall gilt: immer erst genau überlegen, inwieweit eine Offenlegung sinnvoll ist. Ist die Diagnose erst einmal mitgeteilt, befindet sie sich im quasi öffentlichen Bereich und die Information kann nicht mehr „eingefangen“ werden. Andererseits schätzen es viele Arbeitgeber, wenn sie mit einbezogen werden und so auch gar nicht erst der Eindruck entstehen kann, man werde hintergangen oder nicht vollständig informiert.

Im Vorfeld sollte daher immer eine sorgfältige Überlegung im Familien- oder Freundeskreis stattfinden, im Zweifel empfiehlt sich auch eine rechtliche (Erst-) Beratung.“

Interview mit Rechtsanwalt Oliver Dünow, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Familienrecht, 22. August 2025.