04.07.2025 – Wissenschaft & Forschung

Kann fischreiche Ernährung den MS-Verlauf günstig beeinflussen?

STOCKHOLM - Gemäß einer Studie können Menschen mit Multipler Sklerose das Voranschreiten körperlicher Einschränkungen möglicherweise positiv beeinflussen, indem sie häufig Fisch essen.
Fisch mit Kräutern und Zitrone

Mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung lassen sich Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Das ist allgemein bekannt. Nun zeigt eine aktuelle Studie, dass die Ernährung auch den Verlauf der MS beeinflussen kann. Wie die schwedischen und chinesischen Forschenden im „Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry“ berichten, zeigen MS-Betroffene, die häufig Fisch konsumieren, ein geringeres Risiko für eine krankheitsbedingte Progression körperlicher Einschränkungen.1

Bereits in der Vergangenheit hatten Studien darauf hingedeutet, dass die Ernährung, einschließlich des Verzehrs von Fisch, eine Rolle bei der Entwicklung und dem Fortschreiten der Multiplen Sklerose spielen kann. Das Forscherteam um Eva Johansson vom Karolinska-Institut in Stockholm untersuchte konkret, ob der Konsum von magerem (z. B. Kabeljau, Seelachs und Zander) und/oder fettigem Fisch (z. B. Hering, Lachs, Thunfisch) Einfluss auf die Progression körperlicher Einschränkungen bei Menschen mit MS hat.1 

Mehr Fisch, weniger körperliche Einschränkungen?

Dazu suchten sie in der bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie „Epidemiological Investigation of MS“ nach Daten zum Fischkonsum und zum Behinderungsstatus auf der Expanded Disability Status Scale (EDSS). Insgesamt 2.719 Personen teilten sie nach ihrem Fischkonsum in vier Gruppen ein: (1) nie/selten, (2) ein- bis dreimal monatlich, (3) wöchentlich und (4) täglich. Wie sich die Gesundheit der Teilnehmenden über 15 Jahre weiterentwickelte, verfolgte das Forscherteam über das schwedische MS-Register. Zusätzlich wurden die Probanden im Jahr 2021 ein weiteres Mal zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Antworten lagen von 1.719 Teilnehmern vor.1

Unter Berücksichtigung klinischer und demografischer Aspekte – z. B. Alter bei der Diagnose, Therapieform, Herkunft – ergab die statistische Auswertung der Daten schließlich, dass ein höherer Gesamtkonsum von magerem und fettigem Fisch zum Zeitpunkt der MS-Diagnose mit einem um 34 Prozent verringerten Risiko für eine wahrscheinlich irreversible körperliche Behinderungszunahme (CDW) verbunden war. MS-Betroffene mit hohem Fischkonsum erreichten auch seltener einen EDSS-Score von 3 oder 4 (gehfähig trotz leichter, mäßiger oder relativ schwerer Behinderung) als Studienteilnehmende mit geringem Verzehr. Dieser Zusammenhang erwies sich als signifikant und blieb auch bestehen, wenn die Forschenden andere Lebensstilfaktoren wie körperliche Aktivität, Rauchen oder Alkoholkonsum berücksichtigten.1

Auch spätere Ernährungsumstellung kann sich lohnen

Die schützende Wirkung des Fischkonsums war bei Teilnehmenden ausgeprägter, die während des Nachbeobachtungszeitraums von 15 Jahren einen konstanten Fischkonsum beibehielten. Die Forschenden führen dies darauf zurück, dass sich die entzündungshemmenden und schützenden Effekte der enthaltenen Nährstoffe im Laufe der Zeit aufsummieren können, was zu einer nachhaltigen Verbesserung der Gesundheit führen könnte.1 Doch auch Personen, die erst nach der MS-Diagnose mehr Fisch verzehrten, hatten ein verringertes CDW-Risiko, woraus Johansson und Kollegen schließen, dass auch eine Ernährungsumstellung nach der Diagnose den MS-Verlauf noch positiv beeinflussen kann.1

Positive Effekte auf Entzündungsprozesse und Darmflora

Den Forschenden zufolge enthält Fisch mehrere Nährstoffe, die für Menschen mit MS von Vorteil sein könnten, nämlich Omega-3-Fettsäuren und Taurin. Omega-3-Fettsäuren sind für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt und vor allem in fettigem Fisch enthalten. Da aber auch beim Verzehr von magerem Fisch positive Effekte beobachtet wurden, vermuten sie, dass auch andere Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle spielen könnten. Ein solcher ist Taurin, die am häufigsten vorkommende freie Aminosäure im Gehirn. Obwohl sie vom Körper selbst hergestellt werden kann, ist eine Zufuhr von außen notwendig, um den Bedarf zu decken. Taurin wirkt antioxidativ und entzündungshemmend. Als weiteren Weg, über den Fisch den Verlauf der MS günstig beeinflussen könnte, vermuten die Forschenden einen positiven Einfluss auf das Mikrobiom des Darmes.1 

Quelle:
1 Johansson E et al. Impact of fish consumption on disability progression in multiple sclerosis. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2025 Feb 25:jnnp-2024-335200.